Ein Schuh, der perfekt passt. Eine Brille, die gute Sicht verschafft. Ein Liebespaar, das auch beruflich harmoniert. Wäre das Leben von Irina Eisenbach und Jörg Fraunhofer ein Hollywood-Film, könnte so der Trailer dazu lauten. Seit sechs Jahren sind die Orthopädieschuhmacher-Meisterin und der Augenoptiker-Meister ein unschlagbares Team, das mit viel Sinn für Qualität und einer Prise Humor nicht nur Brillen für Hühneraugen und Schuhe für Krähenfüße fertigt. Privat haben sie nun ein neues Kapitel ihrer ungewöhnlichen Symbiose aufgeschlagen. Wie Heiratsantrag, Trauung und Hochzeitsfeier abliefen? Wir konnten sie gemeinsam befragen.
Außenstehende bemerken schnell, dass diese zwei Menschen eine große Schnittmenge haben: Beide sind Inhaber traditionsreicher Firmen in Krefeld – Fußorthopädie Janßen wurde 1946 gegründet, Optik Hillenhagen sogar schon 1867 –, sie tragen einen Meistertitel im Gesundheitshandwerk und in ihrer Freizeit besuchen sie gern Kleinkunstveranstaltungen wie die Monkey Night. Sogar ihre Lieblingsfarben sind gleich: Blau und Grün, wie man an Firmenlogos, Kleidung und Wandgemälden ablesen kann. Doch es sollen Jahre vergehen, bis beim besonnenen Jörg und der quirligen Irina der Groschen fällt, dass auch Liebe im Spiel sein könnte. „Beruflich sind wir uns oft über den Weg gelaufen“, erinnert sich die Krefelderin gut gelaunt an ihre ersten Begegnungen. Eine neue Brille für sie und bald darauf orthopädische Einlagen für ihn resultierten rasch in einem freundschaftlichen Austausch über Krankenkassenverordnungen, Datenschutzregeln, Personalführung oder lustige Erfahrungen mit Kunden. „Als wir beim Polizistenball zufällig am gleichen Tisch saßen, muss der Funke schon übergesprungen sein“, unterbricht Fraunhofer den Redefluss seiner frisch angetrauten Ehefrau. „Doch wir haben die Schmetterlinge im Bauch lange nicht wahrgenommen. Umso dankbarer sind wir heute für diese zweite Chance im Leben.“ Beide schauen sich verliebt in die Augen. Sie werden heute oft die angefangenen Sätze des anderen zu Ende sprechen – als stünden sie kurz vor der Silberhochzeit.
So präzise, wie sich der Augenoptiker-Meister in der hauseigenen Werkstatt um die Fertigung von Brillen und Kontaktlinsen kümmert, ist auch die Planung des Heiratsantrags bei der 100. Grünkohl & Pinkel-Show. „Ich habe Volker Diefes schon ein halbes Jahr vor dem Termin eingeweiht, dass ich Irina auf der Bühne einen Antrag machen möchte. Er war sofort begeistert und hat über passende Künstler nachgedacht. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Antwort wegen der Überrumpelungssituation auch negativ ausfallen könnte.“ Das Risiko wird eingegangen: Vor 130 Gästen, davon allein 30 Freunde und Mitarbeiter des Paars, holt Kabarettist El Mago Masin die zwei aus dem Publikum und baut sie in sein Programm ein. „Dann ging es schon los“, berichtet die bis dahin nichtsahnende Handwerkerin, die sich in der Männerdomäne der orthopädischen Schuhtechnik durchgesetzt hat und neben Einlagen und Abrollhilfen vor allem perfekte Maßschuhe anbietet. „Ein Mitarbeiter reichte Jörg das Mikrofon, er ging auf die Knie und hat ohne Zögern eine freie Rede gehalten.“ Stolz und Rührung liegen in ihrer Stimme, selbst im YouTube-Video schwappen die Emotionen über. Zum Glück habe sie nicht „Nein“ gesagt, im Gegenteil: „Auf jeden Fall!“ ist laut und deutlich zu verstehen.
Die standesamtliche Trauung findet 18 Monate später im Krefelder Stadtpalais statt, für die Hochzeitsfeier suchen sich die Liebhaber von Industriekultur das Klärwerk in Uerdingen aus. „Die Atmosphäre der im Jugendstil erbauten ‚Kathedrale der Hygiene‘ ist sehr besonders, auch die Akustik hat alle umgehauen“, sind sich beide einig. Wer eine klassische Feier erwartet, ist bei Irina und Jörg eher falsch: Schon auf der Einladung werden bequeme Schuhe empfohlen, die Braut trägt Anzug, die freie Theologin Stephanie Lichters berührt mit einer bodenständigen Rede und Tenor Stefan Bäumler singt italienische Lieder, die für „Pipi in den Augen“ sorgen. Das Catering kommt pragmatisch vom Foodtruck der Bäckerei Lomme. Sogar die Polizistin, die beim Ball bereits sagte „Wenn ihr heiratet, dann werde ich Blumenmädchen!“, ist vor Ort – auch wenn sie doch keine Blüten streuen darf. „Das wäre doch zu spießig“, lacht Irina.
Dass sich hier zwei patente Menschen gefunden haben, die zusammen nicht zu toppen sind, überrascht nicht angesichts der Gemeinsamkeiten: Beide schätzen gute handwerkliche Qualität, sie gehen auf die Wünsche jedes einzelnen Kunden ein und Reparaturen sind ihnen wichtig „wegen der Nachhaltigkeit“. Ihr Fazit kommt unisono: „Wir ticken gleich!“ Das spüren auch ihre Kunden, die sich teils überschneiden. „Das ist doch klar, dass das passt!“, diesen Satz haben sie schon häufig gehört. Sie werden sich auch in Zukunft austauschen über Themen wie E-Rezepte oder E-Rechnungen, die schließlich beide Unternehmen betreffen.
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Fotos: privat